Holger Zimmermann,
Nimm Platz, 2013, Fotografie
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Eine
blühende Gesellschaft mit Wohlstand für alle ist und war das
offizielle Ziel aller Kultur(en). Was
passiert jedoch mit den Orten, die nicht mehr in diese Gesellschaft
passen?
Für
seine Fotografie sucht Holger Zimmermann genau diese vergessenen Orte
auf. Er besucht verlassene Bergwerke, Schwimmbäder oder
Lungenheilanstalten, die vom Menschen verlassen wurden und durch
Zerstörung und Verwitterung eine neue Gestalt erhalten haben.
Holger
Zimmermann sucht diese vergessenen Orte auf und fotografiert, was von
ihnen übrig ist. Es ist ein ehrliche Momentaufnahme, da der Künstler
weder manuell vor Ort, noch digital am Computer die Orte verfremdet.
So wie sie vorgefunden wurden, wurden sie fotografiert.
Heute
möchte ich euch die Fotografie „Nimm Platz“ von Holger
Zimmermann vorstellen. Das Foto entstand 2013 und stellt ein Beispiel
für das Vergessen in Holger Zimmermanns Kunst dar.
Die
Fotografie zeigt eine Raumecke, in der ein Sessel steht. Die Wände
des Raumes bestehen zur Hälfte aus einer braunen Holzvertäfelung.
Über der Holzvertäfelung auf der linken Seite ist eine Wandmalerei
zu sehen. Auf ihr ist eine Waldlandschaft mit zwei bis drei Menschen,
vielleicht eine Jagdszene. Die restliche Wand ist in einem Grünton
gehalten. Hinter der Wandmalerei ist eine Flügeltür, dessen rechte
Seite offen steht, zu sehen. Die obere Hälfte der Tür besteht aus
mehreren viereckigen Glasscheiben, mit vereinzelten roten. Die Decke
ist mit einer weißen Holzvertäfelung bedeckt. Der Sessel steht
links, knapp unter den menschlichen Figuren der Wandmalerei. Es ist
ein rustikaler Sessel, der mit einem Beigen, floralen Stoff bespannt
ist. Der Holzboden wirkt verstaubt. Auf dem Boden findet sich
ebenfalls mein Lieblingsobjekt der Fotografie, ein Bifipapier rechts
vom Sessel.
Beim
Betrachten der Fotografie stellen sich dem Betrachter verschiedene
Fragen. Wo befindet sich dieser Ort? Wofür wurde es genutzt? Woher
kommt das Bifipapier?
Auf
die letzte Frage besitze ich leider keine Antwort. Wo sich der
fotografierte Ort befindet, weiß ich leider nicht genau, der
Künstler hält seine vergessenen Orte gerne verborgen. Das einzige
was ich sagen kann ist, dass es ein Schloss in Belgien oder
Deutschland ist. Es wurde zuallererst als Jagsschlösschen und später
als ein Bordell genutzt. Die Überbleibsel dieser Tätigkeiten sind
wahrscheinlich die Wandmalerei und die roten Glasfenster.
Das
Vergangene wird wieder vergegenwärtigt. Der heutige Betrachter
bekommt einen Einblick ins vergessene, gestrige Leben, indem er das
morbide und verwitterte sieht.
Dieses
Konzept verfolgt der Künstler nicht nur in seiner Fotografie, sonder
ebenfalls in seiner Malerei, in seinen Collagen und bei seinen
Pigmentdrucken.
Die
Malereien von Holger Zimmermann beziehen sich auf die 50er und 60er
Jahre. Fotos aus der Werbung und Illustrierten enthebt der Künstler
aus dem Kontext und stellt die Motive auf verfremdete Art und Weise
neu dar. Die Bilder wirken auf den ersten Blick heiter und idyllisch.
Bei genauerem Hinsehen fallen bei den unscharfen und schattenhaften
Figuren Ungereimtheiten auf, die auf einen Verfall dieser hindeuten.
In
seiner Serie P.U.C. wird der Verfall noch sichtbarer. In dieser Serie
entnimmt Holger Zimmermann Porträts aus dem PinUp der 50/60 Jahre
und verfremdet sie. Das Gesicht, der Mensch, der Körper ist noch zu
erkennen, jedoch wird durch die Verwendung von starker Farbigkeit und
Struktur auch diese Vorlage der Zerstörung, dem Zerfall, dem
Vergessen ausgesetzt.
Es
entsteht eine neue Ästhetik, welche einem "schönen Horror"
gleicht.
Es
wird deutlich, dass die Vergangenheit eine große Rolle in Holger
Zimmermanns künstlerischen Arbeit spielt. In seiner Fotografie
werden verfallene Gebäude, in denen Menschen gelebt oder gearbeitet
haben, festgehalten. Sie rufen zum Teil Erinnerungen und unerkannte
Sehnsüchte hervor. Der Titel des hier ausgestellten Werkes „Nimm
Platz“ suggeriert zudem eine Wiederverwendung des Ortes. Vor allem
will das Werk von Holger Zimmermann die Vergangenheit wieder in das
Bewusstsein des Betrachters zurückbringen, auf keine verschönerte
Weise, sondern so wie die Vergangenheit ist: als eine Erinnerung.
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